Je kürzer dein Schlaf, desto kürzer dein Leben
Schlafen kann ich noch, wenn ich tot bin. So oder so ähnlich ist die Ansicht einiger, wenn es um das Thema des Zubettgehens geht. Tenor: „Wer schläft, verpasst das Leben, ist faul oder unproduktiv und wird es zu nichts bringen”. Andere hingegen würden gerne einmal wieder mehr schlafen, schaffen es aber aufgrund von Stress und anderen Lebensumständen nicht, ihre nächtliche Ruhephase zu optimieren. Beide Positionen sind nachteilig für die Gesundheit. Warum, ist nun nachzulesen.
Wenn frühmorgens der Wecker klingelt, kommt das bei manchen mehr einem Hammerschlag als einem gemütlichen Aufwachen gleich. Der Mangel an Ruhe macht sich in einer geringeren Energie, Konzentrationsstörungen und Abgeschlagenheit bemerkbar. Oft ist das Wochenende der einzige Lichtblick für mehr Erholung. Leider ist diese Taktik aber wenig effektiv, denn Schlaf kann nur bedingt nachgeholt werden. Denn, die tägliche Dosis ist wichtiger als der wöchentliche Durchschnitt.
Leider denken wir, wenn es um die eigene Gesundheit geht, zunächst weniger an Schlaf und meist nur an Bewegung, gesunde Ernährung oder Abnehmen. Dabei ist kein Aspekt wichtiger für die Regeneration und Gesundheit unseres Körpers als der Schlaf. Alle Prozesse im menschlichen Körper, von unserer Immunfunktion bis hin zur Gedächtnisleistung, werden maßgeblich von der Schlafqualität beeinflusst. Bekommen wir nicht genug Erholung, altern wir schneller, sind emotional instabiler und erkranken häufiger.
Warum schlafen wir?
Ein erwachsener Mensch verbringt im Durchschnitt etwa ein Drittel seines Tages schlafend. Dabei findet keine bewusste Wahrnehmung oder Interaktion mit der Umwelt statt. Was in Zeiten von soliden Häusern und komfortablen Schlafzimmern keine wirklich riskante Situation mehr darstellt, war für unsere frühen Vorfahren durchaus nicht ganz ohne Risiko. Wer schläft, kann schließlich weder Nahrung noch Partner finden oder sich vor eventuellen Gefahren und Angreifern schützen. Wäre Schlaf also nicht absolut essentiell für das Überleben, wäre er die scheinbar sinnloseste Funktion innerhalb der Evolution. Heute weiß man jedoch, dass Schlaf genau das eben nicht ist. Es gibt kein System im menschlichen Körper, das nicht von ihm profitiert oder bei einem Mangel maßgeblich beeinträchtigt wird.
Wie funktioniert unser Schlaf?
Jede Nacht durchläuft unser Körper mehrere unterschiedliche Schlafstadien, die sich grob in NREM(Non-Rapid Eye Movement, Ein- und Tiefschlafphasen)- und REM-Schlafphasen (Traumschlaf) einteilen. Zusammen bilden sie einen Schlafzyklus, der durchschnittlich etwa 90 Minuten lang ist. Pro Nacht durchlaufen wir mehrere dieser Zyklen. Jede Schlafphase erfüllt dabei eine bestimmte Aufgabe für unsere Regeneration. Der Anteil der Schlafphase an einem Zyklus ändert sich übrigens im Laufe der Nacht. Während wir in der ersten Nachthälfte mehr Zeit in den Tiefschlafphasen verbringen, haben wir in der zweiten Hälfte einen höheren Anteil an REM-Schlaf.
Schlaf und das Gehirn
Nachtruhe hilft unserem Gehirn, zu regenerieren und die Sinneseindrücke des Tags zu verarbeiten. Sie hat großen Einfluss auf unsere Gedächtnisleistung und das Lernen an sich. Unser Gehirn benötigt Schlaf, um Neugelerntes vom Kurz- in das Langzeitgedächtnis zu verschieben. Wer versucht, neue Fakten in übermüdetem Zustand zu lernen, wird weit weniger beibehalten als nach einer guten Nacht mit ausreichend Schlaf. Gleiches gilt im Übrigen für die Nacht nach dem Lernen. Verkürzen wir die Zeit im Bett, verlieren wir einen großen Teil der gelernten Fakten wieder.
Auch unsere Willenskraft wird von Schlafmangel stark beeinflusst. In übermüdetem Zustand treffen wir schlechtere Entscheidungen und haben weniger Kontrolle über unsere Emotionen. Und wir tendieren beispielsweise dazu, mehr ungesunde Nahrung zu uns zu nehmen. Auch der Ausstoß des appetitanregenden Hormons Ghrelin (Growth Hormone Release Inducing), das in der Magenschleimhaut und der Bauchspeicheldrüse produziert wird, erhöht sich durch Schlafmangel. Dessen „Gegenspieler”, das Sättigungshormon Leptin, wird hingegen blockiert. Wir essen also unbewusst mehr und vor allem mehr Ungesundes.
Schlaf und Gesundheit
Schlafmangel erhöht das Risiko für akute und chronische Erkrankungen. Bereits eine Woche mit weniger als sechs Stunden Schlaf pro Nacht kann zu prädiabetischen Blutwerten führen. Nach nur einer Nacht mit wenig Schlaf lässt sich eine Schwächung des Immunsystems beobachten. Auch das Risiko für einige chronische und degenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Demenz können durch langfristig gestörten Schlaf gesteigert werden. Die Datenlage reicht sogar soweit, dass die Weltgesundheitsorganisation Schichtarbeit mittlerweile als mögliche Ursache für Krebserkrankungen eingestuft hat. Eine Störung unserer Nachtruhe kann unser Leben verkürzen und die Qualität dieser kürzeren Zeit obendrein noch stark verschlechtern.
„Wenn man jahrelang sehr schlecht schläft, geht das an die Substanz und an die Lebenserwartung”, so Professor Dr. Ingo Fietze, Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums an der Berliner Charité im Gesundheitsmagazin „Apotheken Umschau”. Das würden zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen. „Menschen, die weniger als sechs Stunden schlafen, haben ein circa 13 Prozent höheres Risiko, vorzeitig zu sterben, als Personen mit mehr als sieben Stunden Schlafdauer”. Auch viele psychische Störungen und kognitive Beeinträchtigungen gehen mit Schlafproblemen einher, unter denen nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) etwa sechs bis zehn Prozent der Bevölkerung leiden.
Zudem bleibt auch das Hormonsystem von wenig Schlaf nicht verschont. In der Nacht schüttet der Körper Testosteron und Wachstumshormone aus. Diese sind für Frauen und Männer gleichermaßen von Bedeutung. Bei geringer Schlafdauer reduzieren sich die Hormonwerte deutlich. Testosteron und Wachstumshormone spielen eine wichtige Rolle für den Aufbau von Muskulatur und Knochen und den Fettabbau. Selbst das beste Training kann diese Effekte nicht kompensieren. Wer seine Ziele im Training erreichen möchte, sollte deshalb unbedingt auf ausreichend Schlaf achten.
Quelle: shape UP
Bildquelle: urfin / shutterstock.com
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