Thema des Monats März 2017
„Gesundheit beginnt im Darm“ – dies ist eine altbekannte Weisheit.
Der Darm ist mit seiner ca. 300 m2 grossen Fläche ein wichtiger Teil des Immunsystems. Überall da, wo unser Organismus mit der Aussenwelt in Kontakt tritt, bildet der Körper Schutzschichten, die er mit Mikroorganismen besiedelt. Mikroorganismen sind Lebewesen, die nur unter dem Mikroskop sichtbar sind. Dazu zählen Bakterien, Pilze, Algen, Protozoen und andere.
Unser Körper wird von ca. 100 Billionen Mikroorganismen besiedelt. Bekannt sind bisher mehr als 1000 Bakterienstämme, die in unserem Darm leben. Würde man diese auf eine Waage legen, käme man bei einem Erwachsenen auf etwa 2-3 kg Gesamtgewicht.
Die Bakterien in unserem Körper teilt man in „gute“ und „schlechte“ bzw. nützliche und schädliche ein. Letztlich kommt es auf ein gutes Gleichgewicht an: überwiegen die „guten“ Bakterien, haben die „schlechten“ keine Chance unsere Zellen anzugreifen und zu zerstören.
Die Mikroorganismen sind an vielen Funktionen des menschlichen Organismus beteiligt. Vieles davon ist bereits erforscht, vieles wissen wir aber noch nicht. Sie sind unverzichtbar für das Wohle und den biologischen Bestand des Menschen. Mikroorganismen bilden die Grundlage des Lebens und unserer Gesundheit.
Man hat herausgefunden, dass unsere Mitochondrien (die Kraftwerke der Zelle, pro Zelle ca. ein- zweitausend) aus Bakterien entstanden sind, die vor Urzeiten mit eigenem Erbgut in die Zelle eingewandert sind und sich dort vermehrt haben. Ohne Mitochondrien sind wir nur wenige Minuten überlebensfähig.
Unser Körper ist also nicht allein, wir bilden eine grosse Symbiose mit den in uns angesiedelten vielfältigen Mikroorganismen. Für einige eine schaurige Vorstellung; letztlich aber eine grosse Chance, wenn wir begreifen, dass wir diese Symbiose pflegen statt bekämpfen sollten. Begreifen wir es also als Team, mit dem eine wunderbare Zusammenarbeit möglich ist.
Genetisches Gedächtnis
Forscher haben herausgefunden, dass unsere Darmbakterien rund 360 Mal mehr ein genetisches „Gedächtnis“ besitzen als die anderen menschlichen Zellen. Neueste Vorstellungen gehen sogar davon aus, dass die Mikroorganismen überall mitbestimmen: Bakterien im Darm können die Nerven des Darm stimulieren und so direkt Signale ins Gehirn senden. Sie beeinflussen damit Stimmungen, Gefühle und sind an geistigen Fähigkeiten (Wahrnehmung, Erinnerung, Lernen, Orientieren und Lösen von Problemen) des Menschen beteiligt. Was das in Zukunft für die Betrachtung unserer Gesundheit bedeutet, mag jeder selber überdenken.
Was heisst das nun konkret für die alltägliche Pflege unseres Darms und unserer darin lebenden Mikroorganismen? Wichtig ist zum einen, dass man mit ihnen in Kontakt tritt, so dass eine ständige Besiedlung entsteht, dass man das Milieu im Darm pflegt und dass man ihnen die Nahrung gibt, die sie brauchen, um zu überleben und sich zu vermehren.
Der erste Kontakt unseres Organismus mit den Bakterien beginnt bereits bei der Geburt. Der beste Start für eine gute „Zusammenarbeit“ und Erstbesiedlung ist eine natürliche Geburt. Jeder Kaiserschnitt nimmt dem Kind schon die erste Möglichkeit mit den physiologischen (natürlichen) Bakterien aus Fruchtwasser und Geburtskanal in Kontakt zu treten und sie aufzunehmen.
„Ein bisschen Dreck schadet nicht“,
das wussten bereits unsere Grossmütter. Ein grosser Schadensfaktor für unsere Gesundheit sind sterile Umgebungen. Es braucht – gerade in den ersten Lebensjahren – zum Training des Immunsystems genau diese Begegnungen mit den Bakterien der Aussenwelt. Je artenreicher unsere Mikrowelt im Darm sich besiedeln kann, umso gesünder und abwehrreicher sind wir.
Man hat auch herausgefunden, dass die Darmbesiedlung genauso verschieden ist, wie die Umgebungen, in denen wir leben. Unser Körper ist ein Meister der Anpassung. Unsere westlichen Industrienationen haben dabei die „artenärmsten“ Darmfloren. Auch Antibiotika, Medikamente gegen Bluthochdruck oder die sog. Protonenpumpenhemmer, die bei Sodbrennen, Reflux sowie bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren als „Magenschutz“ eingesetzt werden, töten nützliche Bakterien im Darm ab.
Neben vielen weiteren Ursachen hat auch unsere westliche Ernährung dazu beigetragen, unseren Darm als grösstes Immunsystem zu schwächen. Die Bakterien der Darmflora verhungern buchstäblich trotz voller Teller. Zuviel Fleisch, Weissmehl, Zucker, gesättigte Fettsäuren, industriell hergestellte Lebensmittel liefern den „guten“ Bakterien wenig Futter und den „schlechten“ zu viel. So verschiebt sich das Gleichgewicht zugunsten der schädlichen Bakterien und Krankheitsprozesse finden ihren Anfang im Darm.
Um die Darmflora zu erhalten, braucht es vor allem Ballaststoffe, von denen sich unsere „Helfer“ ernähren. Eine vorwiegend pflanzliche Kost erfreut unsere „Mitbewohner“. Variationsreich sollte sie auch sein, da wir hochspezialisierte Mitbewohner haben, von denen sich jeder speziell auf ein Lebensmittel eingestellt hat. Also Obst und Gemüse in allen Variationen und Vollkorngetreide dient der Erhaltung der gesunden Darmflora und damit unserer Gesundheit.
Man kann den Darm zusätzlich unterstützen, indem man die „guten“ Bakterien füttert.
Gute Bakterien:
Dafür gibt es Pro-, Prä- und Synbiotika.
Probiotika sind Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel mit lebensfähigen Mikroorganismen, wie z.B. Milchsäurebakterien. Enthalten sind solche Bakterien oder Hefen z.B. in Kefir, Sauerkraut und weiteren milchsauer vergorenen Lebensmitteln.
Präbiotika sind nichtverdaubare Lebensmittelbestandteile, die das Wachstum und die Aktivität von Bakterien-Arten im Dickdarm gezielt anregen. Es handelt sich hierbei um Kohlenhydrate, die Polysaccharide, Inulin, Lactulose, Fructose oder Oligofructose enthalten. Inulin ist bspw. in Chicoree, Schwarzwurzeln und Topinambur enthalten.
Synbiotika enthalten Pro- und Präbiotika.
Es lohnt sich etwas für seinen Darm und damit letztlich für seine Gesundheit und ein gutes Wohlbefinden zu tun.
Geschrieben vom Grit Eismann