Rückenschmerzen, Training 642155710


Durchhalten!

Sich regelmäßig zu bewegen ist für alle Menschen wichtig, um Schmerzen und Krankheiten vorzubeugen. Bei Menschen mit chronischen Schmerzen wirkt sich ein Bewegungsmangel besonders negativ aus und erhöht den subjektiven Leidensdruck enorm.

Bewegungsmangel ist in der heutigen zivilisierten und hochtechnisierten Welt ein weit verbreitetes Problem. Viele Errungenschaften der letzten Jahrzehnte erleichtern uns das Leben, wir müssen größtenteils nicht mehr schwer arbeiten oder weite Strecken aus eigener Kraft überwinden. Dennoch gilt nach wie vor das alte Sprichwort: „Wer rastet, der rostet!“ Es warnt vor einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes bei Inaktivität und gilt für alle Menschen ohne Ausnahme.

Unser Körper ist auf Bewegung ausgelegt und verlangt sogar danach. Wird er entsprechend beansprucht, kann er seiner Funktion im Alltag nachkommen und erhält Unterstützung, um gesund zu bleiben. Umgekehrt erhöht Bewegungsarmut das Risiko zu erkranken (Herz-Kreislauf, Diabetes etc.). Zudem werden wir weniger belastbar, was sich auch negativ auf alltäglichen Aktivitäten auswirken kann. Manches, das uns besonders am Herzen liegt, kann dann nicht mehr im gewohnten Umfang oder vielleicht sogar überhaupt nicht mehr ausgeführt werden. Sich (mehr) zu bewegen stellt allerdings für Menschen mit chronischen Schmerzen eine besondere Herausforderung dar. Mit Schmerzen möchte keiner gerne körperlich aktiv werden oder gar Sport treiben.

Was kennzeichnet chronische Schmerzen?

Schmerzen sind zumeist ein Zeichen für eine akute Verletzung und vom subjektiven Empfinden her ein sehr eindringliches Warnzeichen. Chronische Schmerzen unterscheiden sich davon. Während „normale“ Schmerzen wenige Tage bis Wochen andauern, spricht man von chronischen Schmerzen meist ab einer Dauer von drei Monaten – zudem verlieren sie mit der Dauer des Bestehens ihren Warncharakter. Wer anhaltende Schmerzen über Wochen, Monate oder Jahre hinweg verspürt, gerät in große Gefahr, dass immer mehr an Bewegungsfreiheit und Autonomie verloren geht.

Entwicklung schädlicher Verhaltensmuster

Allein durch die Vermeidung bestimmter schmerzhafter Bewegungen können sich Schonhaltungen und Ausweichstrategien entwickeln, die andere Teile des Körpers, die noch nicht schmerzen, überlasten und überfordern. Während die schmerzenden Strukturen des Körpers entlastet und damit sukzessive geschwächt sowie anfälliger werden, erfahren andere Strukturen eine zu starke Belastung. Dies kann nach Wochen und Monaten der Überforderung soweit führen, dass Teile von bis dato schmerzfreien Körperregionen ebenfalls anfangen, Kummer zu bereiten. Kommt es dann aufgrund der neuen Schmerzreize zu einer weiteren Reduktion der alltäglichen Bewegung beziehungsweise zu weiteren Ausweichbewegungen und Schonhaltungen, hat der chronische Schmerz endgültig Oberhand gewonnen. Bewegungsmangel ist also bei chronischen Schmerzen fatal. Er kann eine Abwärtsspirale in Gang setzen, die einen negativen Einfluss auf alle Strukturen, Stoffwechselvorgänge und Organe hat und nur sehr schwierig zu stoppen ist.

Das oberste Trainingsziel

Regelmäßige Alltagsaktivitäten, Training und Sport sind wichtige Maßnahmen, um Bewegungsmangel abzubauen und Folgeprobleme zu vermeiden, im Besonderen auch bei Menschen mit chronischen Schmerzen. Der Fokus kontinuierlicher sportlicher Aktivität liegt für sie dabei allerdings nicht im klassischen leistungsorientierten Training. Das oberste Trainingsziel lautet, dem chronischen Schmerz nicht die Dominanz zu geben. Die Betroffenen sollen ihren Wirkungsradius, ihre Autonomie und ihre körperliche Belastbarkeit behalten und sich den Dingen des Lebens, die ihnen besonderes Vergnügen bereiten, weiterhin widmen können.

Allgemeine Trainingsempfehlungen

Ein körperliches Bewegungs-/Trainingsprogramm für Menschen mit chronischen Schmerzen sollte fünf Aspekte umfassen:

Entspannungstraining

Senkung des zentralen Erregungsniveaus
Verbesserung der Körperwahrnehmung
Abbau negativer Stressreaktionen
Abbau von muskulärem Hypertonus (Bluthochdruck)

Krafttraining

Kräftigung der haltungsaufrichtenden Muskulatur sowie der Fortbewegungsmuskulatur (Abbau von Schonhaltungen und/oder Ausweichbewegungen, Erhalt der Autonomie)

Herz-Kreislauf-Training

Verbesserung von Ausdauer, Sauerstoffzufuhr und Erholungsfähigkeit
psychovegetatives Ausdauertraining (Spannungsregulation und „Stressabbau“)

Beweglichkeit

Abbau von muskulären Verspannungen, bedingt durch anhaltende Schonhaltungen und/oder Ausweichbewegungen

Koordination und Körperwahrnehmung

Verbesserung der Bewegungsökonomie
Wahrnehmung von Körpersignalen in Ruhe und in der Bewegung, die nichts mit dem Schmerz zu tun haben

Die Reihenfolge beziehungsweise die Wichtigkeit und somit das zeitliche Volumen der fünf Punkte fällt bei jeder Person anders aus. Da wir uns alle voneinander unterscheiden (alltägliche Aktivitäten und Beanspruchungen, gesundheitliche Voraussetzungen/Einschränkungen etc.), kann beispielsweise für Person A das Entspannungstraining wichtiger sein als für Person B. Der Trainingsbereich, von dem die einzelne Person besonders profitiert, sollte stets die meiste Beachtung erfahren und zeitlich den größeren Anteil im Bewegungs-/Trainingsprogramm einnehmen.

Da wir aber sowohl Entspannung, Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Koordination und Körperwahrnehmung benötigen, um Bewegungen auszuführen und letztendlich dem Schmerz beizukommen, ist dennoch ein ganzheitlicher Trainingsansatz zu wählen. Aus diesem Grund sollte jedes sinnvoll gestaltete Bewegungs-/Trainingsprogramm keinen der genannten Punkte, wenn auch mit individuell unterschiedlicher Gewichtung, auslassen.

Quelle: shape UP
Bildquelle: eggeegg / shutterstock.com

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